Im Kremlin sammeln feierlich
sich Ruszlands Bundgenossen:
Romane hat und Brite sich
dem Slaven angeschlossen.
Vorabend ist’s des Kriegs. Es hält
der Zar die Waffenweihe.
Des Herrscherpaars Gefolgschaft schwellt
der Abgesandten Reihe.
Der Weihrauch quillt. Die Popen knien,
das Volk harrt im Gebete.
Stumm lauscht die blasse Kaiserin
des Kaisers Weiherede.
„Mein Zarenwort als Ehrenpfand!
Ich gab’s nur, dasz ich’s löse.
Nicht länger steh der Reuszen Land
im Schatten deutscher Grösze.
Gott ruft zum Krieg. In seiner Hut
weih ich der Slaven Fahnen,
ER will, dasz wir mit Brand und Blut
ausrotten die Germanen.
Zur Demut zwang ich fromm mein Reich
als Herr mit Kreuz und Knuten,
und fromm zum Krieg weih vatergleich
ich Polen, Finnen, Juden . . .
Häuft, Söhne, hoch der Slaven Hort,
dasz Knecht die Welt uns werde,
dasz deutsches Werk, urdeutsches Wort,
vertilgt sei von der Erde!“
Das Wort verklingt. Es lächeln fein
Frankreichs und Englands Boten.
Die Zarin steht, ein Bild von Stein,
mit Augen, seltsam toten.
Ein Mahnruf durch die Brust ihr hallt
aus fernen Heimattiefen,
als ob vom Rhein und Odenwald
der Kindheit Stimmen riefen.
Als ob von seinem Felsenhorst
der Rodensteiner walle,
und laut durch Hessens grünen Forst
der Ahnen Kriegshorn schalle.
Es war einmal . . . Mit Bruderhand
hoch ob der Fremde Saaten,
winkt scheidend heut ein Vaterland,
das treulos ward verraten.
Nie hat der Zarin Stirn so schwer
der Krone Last getragen!
Ihr Herz, das keine Heimat mehr,
heut wird’s ans Kreuz geschlagen.
Zerrissen liegt des Blutes Band,
und Recht und Ehre schlafen . . .
Fromm weiht der Zarin deutsche Hand
den Deutschenhasz der Slaven.
Doch was zu Gott auch, haszumstarrt,
die blassen Lippen sprechen:
Die Wehr, der solche Weihe ward,
wird deutschen Sieg nicht brechen!
Konrad Nies.