Es steht eine alte Eiche
Droben im nord’schen Wald,
Die streckt ihre knorrigen Aeste
Weit ragend über die Hald’.
Sie trotzte jedem Sturme
Wohl an die tausend Jahr;
Doch mancher Ast brach splitternd,
Der blätterreich einst war.
Geheimnisvolles Rauschen
Zieht durch den Wipfel leis’,
Und hält, die es vernehmen,
In Bann und Zauberkreis;
Es raunt von grossen Tagen
In längst verganger Zeit,
Von alten Heldensagen
Und Götterherrlichkeit.
Es herrschten die göttlichen Asen.
Allmächtig im Weltenraum;
Da war der Wald geheiligt,
Geweiht der Eichenbaum,
Da rief in der Götter Schutze
Der Bote zum heiligen Ding.
Es wallten gewappnet zum Haine
Freier und Adaling.
Da hallte im grünen Dome
Der Schilde und Schwerter Klang;
Es scholl nach der Männerrede
So hell der Skalden Gesang.
Und auf dem Maienlager
In herrlicher Lenzeszeit,
Da kreiste froh der Becher
Bei Spiel und Lustbarkeit.
Was rauscht es durch den Wipfel
Wie wilden Sturm’s Gebraus?
Die Eiche schüttelt sich zornig.
Der Götter Reich war aus.
Es trug zum nordischen Lande
Ein Schifflein die tückische Well’,
Das brachte graue Mönche,
Die bauten die Christuskapell’,
Ein winzig Glöcklein locket,
Es weiss wohl, was es will.
Die Menschen gehen ins Kirchlein,
Der Hain liegt verödet und still,
Die alten Götter, grollend,
Ziehn in ihr Asgard ein
Und lassen mit Freud’ und mit Leide
Die Erd’ und die Menschen allein.
Nur wenn im wonnigen Lenze
In heller Maiennacht
Die Dörfler das Maifest feiern
In grüner Waldespracht
Dann kehrt auch heute noch wieder
Freia zum Erdenraum,
Die holde Göttin der Liebe
Und schwebt um den Eichenbaum
Und siegreich nimmt sie der Menschen
Herzen und Sinne in Haft.
Die Maid erfüllt sehnend Verlangen,
Der Jüngling fühlt Götterkraft.