Düsseldorf am Rhein, die vielliebe Stadt,
Drei gute Dichter dem Lande gegeben hat;
Der eine war ein Jude, der andere war ein Christ,
Der dritte ist ein Heide, der noch am Leben ist.
— Der Jude sang von der Welt. Hiess: Heinrich Heine.
Er lebte in Paris, doch sein Herz schlug am Rheine,
Und dieses Herz war wie des Engels Israfel,
Eine singende Laute! — War ein Gralsjuwel,
Das auch heute noch und in ferne Zeiten
Leuchtend singt von der Welt und all ihren Herrlichkeiten.
— Der Heide sang von der Hölle, sang von Nacht und Grauen,
Ihn hassten die Männer, ihn küssten die Frauen,
Hat sich viel auf allen Meeren herumgetrieben,
Und er ist es, der euch dies Lied geschrieben.
— Der Christ sang von dem Himmel, von der Seele Wonne
und Weh;
Merkt seinen guten Namen: Friedrich von Spee.
War ein frommer Mann, lebte vor vierhundert Jahren,
Hat tausend Hexen zum Richtplatz gefahren,
Stand dabei, wenn den letzten Schrei ihrer heiseren Kehlen
Die Flamme frass; betete viel für ihre armen Seelen.
Sang von Maria, sang von Jesus, sang von Sündenfall,
Nannte sein frommes Büchlein — die „Trutznachtigall”.
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Als der (der dies schrieb) in Düsseldorf am Rhein
Zur Schule ging, betete seine Seele zu Harry Heine,
Diese arme kleine Seele, sehr scheu und verloren,
Die ihm morden wollten die Herren Professoren.
(Er hasste sie — und sie hassten den Jungen.)
Durch die Gassen schlich er in den Dämmerungen,
Wenn in Novembertagen alte Schatten tanzen.
Da flüsteren seine Lippen seines Dichters Romanzen —
Von der Pfalzgräfin Jutta, vom König Karl und seinen Schergen,
Von der Pomare, von Edith Schwanenhals vom Schelm von
Bergen.
Durch die Bolkerstrasse schlich er, in allen Träumen verloren
Stand vor dem Haus, das seinen Dichter geboren —
Sah vorn, im Fenster, Viertelrinder und Halbeschweine,
Rohes Fleisch, blutiges Fleisch — — (so ehrten sie Heinrich
Heine).
Schauderte, floh. Lief zum alten Schloss
Ueber dem Markt, wo die Düssel zum Rheine floss.
Lief, lief. (Die Strasse stahl ihm die Schuhe.)
Und er summte: „Dem einen die Perle — dem andern die
Truhe”
Um die Mariensäule ging er, durch die Orangerie)
Wo ein Brunnen gelbe Tropfen in den Graben spie —
Da hob sich, hinter den Wassern, das Schloss der Grafen Spee,
Und der Knabe dachte: Da schwimmt meines Dichters Seele —
ein einsamer Schwan auf dem See!
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Weit vom Osten her durch die unendliche See
Tragen drei gute Schiffe drei Grafen Spee.
Der Vater auf der „Scharnhorst”, er ist Admiral,
(Herz wie aus Erz. Augen wie blanker Stahl.)
Auf der Gneisenau” ein Sohn. Leutnant. Des Alten Blut.
Weiss schon — was Pflicht ist. Weiss noch — was Uebermut!
Und auf der „Nürnberg” der dritte, der jüngste Spee;
Jubel, lachender Leichtsinn, Fähnrich zur See.
Der sang lachend ein Liedchen und taufte die Flotte,
Dem Ahnherrn zu Ehren, dem Britten zum Spotte,
Trank den letzten Wein, zerbrach den blanken Kristall —
Nannte sie „Deutsche Trutznachtigall!”
Von Japan her, weit über die grosse See
Kam mit deutschen Schiffen Admiral Graf Spee.
Schwamm zum Süden hinab längs der Salpeterwüste,
Fand den Engländer unten an Chile’s Küste.
Fasste ihn fest. Hob die Sense und schnitt die Garben,
Pflückte den ersten Sieg zur See für die schwarzweissroten
Farne.
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Bei den Falklandinseln in wildem Wogenschwall
Sang ihr letztes Lied die „Deutsche Trutznachtigall”.
Sang es gut und voll aus manchen Kanonen,
Musste doch herab zum Grunde, wo die Kraken wohnen.
Wenn John Bull angreift, weiss er sieben zu eins, seine Odds
zu nützen,
Mehr in der Zahl, grösser in Schiffen, viel stärker in den
Geschützen.
Und es sank die „Nürnberg”. Sank die „Scharnhorst”. Sank
„Gneisenau” —
— Da weint — zu Keil heisse Thränen manche deutsche
Seemannsfrau.
Bei den Falklandinseln, tief im Grunde der See
Liegen drei deutsche Schiffe. Liegen auch drei Grafen Spee.
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Düsseldorf am Rhein, die vielliebe Stadt,
Drei gute Grafen dem Lande gegeben hat.
Der eine war ein Leutnant, der andere war Admiral,
Der dritte war Fähnrich zur See auf der „Deutschen Trutz—
nachtigall”.
— Bei der Mariensäule, ganz nahe beim Rhein
Hinter der Orangerie, versteckt unter wildem Wein,
Hebt sich über den Wassern das Schloss der Grafen Spee —
Und ein Dichter denkt: „Da ziehn ihre Seelen —
drei Schwäne auf einsamem Spee!”