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Drei Grafen Spee

Hanns Heinz Ewers


Düsseldorf am Rhein, die vielliebe Stadt,

Drei gute Dichter dem Lande gegeben hat;

Der eine war ein Jude, der andere war ein Christ,

Der dritte ist ein Heide, der noch am Leben ist.

— Der Jude sang von der Welt.    Hiess:    Heinrich Heine.

Er lebte in Paris, doch sein Herz schlug am Rheine,

Und dieses Herz war wie des Engels Israfel,

Eine singende Laute! — War ein Gralsjuwel,

Das auch heute noch und in ferne Zeiten

Leuchtend singt von der Welt und all ihren Herrlichkeiten.

— Der Heide sang von der Hölle, sang von Nacht und Grauen,

Ihn hassten die Männer, ihn küssten die Frauen,

Hat sich viel auf allen Meeren herumgetrieben,

Und er ist es, der euch dies Lied geschrieben.

— Der Christ sang von dem Himmel, von der Seele Wonne

und Weh;

Merkt seinen guten Namen: Friedrich von Spee.

War ein frommer Mann, lebte vor vierhundert Jahren,

Hat tausend Hexen zum Richtplatz gefahren,

Stand dabei, wenn den letzten Schrei ihrer heiseren Kehlen

Die Flamme frass;    betete viel für ihre armen Seelen.

Sang von Maria, sang von Jesus, sang von Sündenfall,

Nannte sein frommes Büchlein — die „Trutznachtigall”.


*

*          *


Als der (der dies schrieb) in Düsseldorf am Rhein

Zur Schule ging, betete seine Seele zu Harry Heine,

Diese arme kleine Seele, sehr scheu und verloren,

Die ihm morden wollten die Herren Professoren.

(Er hasste sie — und sie hassten den Jungen.)

Durch die Gassen schlich er in den Dämmerungen,

Wenn in Novembertagen alte Schatten tanzen.

Da flüsteren seine Lippen seines Dichters Romanzen

Von der Pfalzgräfin Jutta, vom König Karl und seinen Schergen,

Von der Pomare, von Edith Schwanenhals vom Schelm von

Bergen.

Durch die Bolkerstrasse schlich er, in allen Träumen verloren

Stand vor dem Haus, das seinen Dichter geboren —

Sah vorn, im Fenster, Viertelrinder und Halbeschweine,

Rohes Fleisch, blutiges Fleisch — — (so ehrten sie Heinrich

Heine).

Schauderte, floh.  Lief zum alten Schloss

Ueber dem Markt, wo die Düssel zum Rheine floss.

Lief, lief.    (Die Strasse stahl ihm die Schuhe.)

Und er summte:    „Dem einen die Perle — dem andern die

Truhe

Um die Mariensäule ging er, durch die Orangerie)

Wo ein Brunnen gelbe Tropfen in den Graben spie —

Da hob sich, hinter den Wassern, das Schloss der Grafen Spee,

Und der Knabe dachte:    Da schwimmt meines Dichters Seele —

ein einsamer Schwan auf dem See!


*

*          *


Weit vom Osten her durch die unendliche See

Tragen drei gute Schiffe drei Grafen Spee.

Der Vater auf der „Scharnhorst”, er ist Admiral,

(Herz wie aus Erz. Augen wie blanker Stahl.)

Auf der Gneisenau” ein Sohn.    Leutnant.    Des Alten Blut.

Weiss schon — was Pflicht ist.    Weiss noch — was Uebermut!

Und auf der „Nürnberg” der dritte, der jüngste Spee;

Jubel, lachender Leichtsinn, Fähnrich zur See.

Der sang lachend ein Liedchen und taufte die Flotte,

Dem Ahnherrn zu Ehren, dem Britten zum Spotte,

Trank den letzten Wein, zerbrach den blanken Kristall —

Nannte sie „Deutsche Trutznachtigall!”

Von Japan her, weit über die grosse See

Kam mit deutschen Schiffen Admiral Graf Spee.

Schwamm zum Süden hinab längs der Salpeterwüste,

Fand den Engländer unten an Chile’s Küste.

Fasste ihn fest.    Hob die Sense und schnitt die Garben,

Pflückte den ersten Sieg zur See für die schwarzweissroten

Farne.


*

*          *


Bei den Falklandinseln in wildem Wogenschwall

Sang ihr letztes Lied die „Deutsche Trutznachtigall”.

Sang es gut und voll aus manchen Kanonen,

Musste doch herab zum Grunde, wo die Kraken wohnen.

Wenn John Bull angreift, weiss er sieben zu eins, seine Odds

zu nützen,

Mehr in der Zahl, grösser in Schiffen, viel stärker in den

Geschützen.

Und es sank die „Nürnberg”. Sank die „Scharnhorst”. Sank

„Gneisenau” —

— Da weint — zu Keil heisse Thränen manche deutsche

Seemannsfrau.

Bei den Falklandinseln, tief im Grunde der See

Liegen drei deutsche Schiffe.  Liegen auch drei Grafen Spee.


*

*          *


Düsseldorf am Rhein, die vielliebe Stadt,

Drei gute Grafen dem Lande gegeben hat.

Der eine war ein Leutnant, der andere war Admiral,

Der dritte war Fähnrich zur See auf der „Deutschen Trutz—

nachtigall”.

— Bei der Mariensäule, ganz nahe beim Rhein

Hinter der Orangerie, versteckt unter wildem Wein,

Hebt sich über den Wassern das Schloss der Grafen Spee —

Und ein Dichter denkt:    „Da ziehn ihre Seelen —

drei Schwäne auf einsamem Spee!”



Ewers, Hanns Heinz. “Drei Grafen Spee.” In Deutsche Kriegslieder, ed. Hanns Heinz Ewers. New York: The Fatherland, 1914, 23–25.


Ewers, Hanns Heinz. “Drei Grafen Spee.” In Deutsche Kriegslieder, ed. Hanns Heinz Ewers. New York: The Fatherland, 1914, 23–25.

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Düsseldorf

German city on the Rhine.

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Heinrich Heine

Heine (1797–1856), a German Jewish poet, essayist, and journalist, was born in Düsseldorf. He converted to Protestantism in 1825.


“Heine, Heinrich.” The Oxford Companion to German Literature. Edited by Henry Garland and Mary Garland. Oxford University Press, 1997. Oxford Reference. https://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780198158967.001.0001/acref-9780198158967-e-2186. Accessed May 3, 2021.

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Israfel

In the Muslim tradition, Israfil is the angel who will sound the trumpet on Judgment Day.


Knowles, Elizabeth. “Israfel.” Oxford Dictionary of Phrase and Fable. Oxford University Press, 2005. Oxford Reference. hhttps://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780198609810.001.0001/acref-9780198609810-e-3626. Accessed May 3, 2019.

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Heide

Reference to the poet Hanns Heinz Ewers (1871–1943).

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Friedrich von Spee

A German Jesuit (1591–1635), Friedric Spee von Langenfeld was a religious poet and professor of theology. His anthology of sacred songs, Trutz–Nachtigall oder Geistliches Poetisch Lust–Wældlein, was published posthumously in 1649. Spee felt the collection demonstrated the suitability of the German language for poetic expression. In medieval poetry, the nightingale often signified spring and hope (McKusick 37).


“Spee von Langenfeld, Friedrich.” The Oxford Companion to German Literature. Edited by Henry Garland and Mary Garland. Oxford University Press, 2005. Oxford Reference. https://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780198158967.001.0001/acref-9780198158967-e-5002. Accessed May 3, 2019.


McKusick, James C. “The Return of the Nightingale.” The Wordsworth Circle 38, no. 1/2 (2007): 34–40. JSTOR, www.jstor.org/stable/24043955.

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Romanzen

Heine’s Romanzero (1851) is a collection of poems (written primarily 1848–51) divided into three books, Historien, Lamentationen, and Hebräische Melodien. All but one of the poems mentioned here are from the Historien and focus on historical and mythological figures.


“Romanzero.” In The Oxford Companion to German Literature, Edited by Henry Garland and Mary Garland. Oxford University Press, 2005. Oxford Reference. https://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780198158967.001.0001/acref-9780198158967-e-4472. Accessed May 3, 2019.


Heine, Heinrich. Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=ucm.5325879417&view=1up&seq=3&skin=2021. Accessed May 3, 2019.

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Pfalzgräfin Jutta

Heine’s poem, “Pfalzgräfin Jutta,” was inspired by a poem in Des Knaben Wunderhorn (1805/1808, a collection of more than 700 German folksongs) in which a queen drowns nine lovers before her acts are discovered.


Heine, Heinrich. Sämmtliche Gedichte: Kommentierte Ausgabe. Edited by Bernd Kortländer. Reclam, 1997, p. 998.


Heine, Heinrich. “Pfalzgräfin Jutta.” In Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://hdl.handle.net/2027/ucm.5325879417?urlappend=%3Bseq=47%3Bownerid= 29630791-51.

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König Karl

Reference to Heine’s poem, “Karl I.” Charles I (1600–49) was King of England 1625–49.


Heine, Heinrich. “Karl I.” In Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://hdl.handle.net/2027/ucm.5325879417?urlappend=%3Bseq=30%3Bownerid= 29630791-34.

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Pomare

Põmare IV (1813–77), Queen of Tahiti 1827–77, is the subject of Heine’s poem, “Pomare.”


Heine, Heinrich. “Pomare.” In Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=ucm.5325879417&view=1up&seq=33&skin=2021&q1=pomare.

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Edith Schwanenhals

Edith Swanneck, also known as Edith the Fair (1025–86), was the wife of King Harold II of England. She appears in Heine’s poem, “Schlachtfeld bei Hastings.” The Battle of Hastings (1066) marked the start of the Norman conquest of England.


Heine, Heinrich. “Schlachtfeld bei Hastings” In Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://hdl.handle.net/2027/ucm.5325879417?urlappend=%3Bseq=26%3Bownerid= 29627264-32.

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Schelm von Bergen

In Heine’s ballad, “Schelm von Bergen,” set in Düsseldorf, the duchess dances with a man who, when she insists that he remove his mask, proves to be the town’s executioner. To restore her honor, the duke knights the henchman with the title Schelm von Bergen.


“Schelm von Bergen.” In The Oxford Companion to German Literature, Edited by Henry Garland and Mary Garland. Oxford University Press, 2005. Oxford Reference. https://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780191758027.001.0001/acref-9780191758027-e-1894. Accessed May 3, 2019.


Heine, Heinrich. “Schelm von Bergen” In Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://hdl.handle.net/2027/ucm.5325879417?urlappend=%3Bseq=23%3Bownerid= 29630791-27.

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Bolkerstrasse

This poem mentions various landmarks in Düsseldorf, including Bolkerstraße, the street on which Heine was born.

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Düssel

Düsseldorf lies on the River Düssel, a tributary of the River Rhine.

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Dem einen die Perle — dem andern die Truhe

First line in Heine’s poem, “Erinnerung” (Romanzero: Lamentationen).


Heine, Heinrich. “Schelm von Bergen” In Romanzero. Hamburg: Hoffmann und Campe, 1851. https://hdl.handle.net/2027/ucm.5325879417?urlappend=%3Bseq=117%3Bownerid= 29627264-123.

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Mariensäule

Statue of Our Lady (1873) in Düsseldorf.

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Orangerie

The Orangery is part of Düsseldorf’s Baroque Benrath Castle (1755–70).

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das Schloss der Grafen Spee

The moated Heltdorf Castle, in Düsseldorf, came into the possession of the Counts of Spee in the 17th century.

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Grafen Spee

Maximilian Reichsgraf von Spee (1861–1914) served as an officer in the German Imperial Navy and commanded the German East Asia Squadron during the first months of WWI. In the Battle of the Falkland Islands (December 1914), Spee and his two sons, who were serving on ships under his command, died in a British attack.


Rahn, Werne. “Spee, Maximilian Reichsgraf von.” Neue Deutsche Biographie 24 (2010), 643–44. www.deutsche-biographie.de/pnd119283891.html#ndbcontent.


Halpern, Paul G. Falklands, Battle of the. 1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War. Edited by Ute Daniel, Peter Gatrell, Oliver Janz, Heather Jones, Jennifer Keene, Alan Kramer, and Bill Nasson. Freie Universität Berlin, 2014–. Article last updated January 29, 2015. https://encyclopedia.1914-1918-online.net/article/falklands_battle_of_the.

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Scharnhorst

The armored cruiser SMS Scharnhorst, named after the Prussian military reformer General Gerhard von Scharnhorst, was sunk by the British in the Battle of the Falkland Islands.

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Gneisenau

The armored cruiser SMS Gneisenau, named after August von Gneisenau, a Prussian general in the Napoleonic wars, was sunk by the British in the Battle of the Falkland Islands.

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Nürnberg

The British sank the armored cruiser SMS Nürnberg, named after the German city Nuremberg, in the Battle of the Falkland Islands.

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Deutsche Trutznachtigall

Ironic use of the title of Friedrich von Spee’s book Trutz–Nachtigall; the ship’s last “song” was its cannon fire.

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Salpeterwüste

Spee closed the Humberstone and Santa Laura Saltpeter Works in northern Chile, which had been supplying salt for British shells.

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die schwarzweissroten Farne

(Fahne) The black–white–red Germany national flag 1892–1941.

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Falklandinseln

In the Battle of the Falkland Islands (8 December 1914), the British destroyed the German East Asia Squadron. See also the note above for Grafen Spee.


Halpern, Paul G. Falklands, Battle of the. 1914-1918-online. International Encyclopedia of the First World War. Edited by Ute Daniel, Peter Gatrell, Oliver Janz, Heather Jones, Jennifer Keene, Alan Kramer, and Bill Nasson. Freie Universität Berlin, 2014–. Article last updated January 29, 2015. https://encyclopedia.1914-1918-online.net/article/falklands_battle_of_the.

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John Bull

Personification of England, created by John Arbuthnot (1667–1735) in a series of pamphlets in 1712.


Cannon, John, and Robert Crowcroft. “John Bull.” A Dictionary of British History. Oxford University Press, 2015. Oxford Reference. https://www.oxfordreference.com/view/10.1093/acref/9780191758027.001.0001/acref-9780191758027-e-1894. Accessed May 3, 2019.